Donnerstag, 13. August 2009

Schweigende Norweger schlachten Wale

10/08/2009
Morgen geht es los! Dann fliege ich in die norwegische Stadt Tromsö, um an der nördlichsten Universität der Welt bis Ende Dezember Politikwissenschaft zu studieren.


Je mehr Gedanken ich mir über meinen nahenden Aufbruch mache, desto mehr wächst die Unruhe in mir, denn ich kann nur auf eine prägende Begegnung mit Norwegern zurückblicken:


Als ich mit sechzehn Jahren als Austauschschülerin in Paraguay war, nahmen auch drei norwegische Austauschschüler an dem Programm teil. Die drei waren optisch nahe dem arischen Ideal unterwegs – alle blond, alle blauäugig, alle hochgewachsen und somit DIE Highlights für alle südamerikanischen Mädchen, die – da eher kleingewachsenes dunkleres Naturell gewohnt und scharf auf optische Abwechslung – in Scharen um die Skandinavier herumschwirrten, güldenes Haar befühlten und dabei spanische Liebesbezeugungen gurrten. Jeder Mann würde sich sonnen in den sprachlichen und physischen Streicheleinheiten der Paraguayas – nicht so die Norweger. Schweigend schauten sie mit ihren eisblauen Äuglein verwundert und ein bisschen verstört in die Gesichter der gesprächsfröhlichen Südamerikanerinnen. Tomas ( Premiumexemplar unter den skandinavischen Sahneschnitten , so blond und blauäugig, mir wurde ein bisschen unheimlich) sperrte – soweit ich mich erinnere – nur ein einziges Mal außerhalb der Nahrungsaufnahme den Mund auf. Dann nämlich, als die verliebten Paraguayas für ihn riesige Brocken argentinischen Rindes auf dem Spieß brieten. Das Fleischspektakel kommentierte er trocken: „Walfleisch sei doch sowieso viel besser!“
Nach dieser Äußerung hatte er es sich trotz 1A-Optik bei vielen natur- und tierschützenden Austauschschülern verscherzt (die Paraguayas gurrten weiterhin verzückt, die essen auch ohne mit der Wimper zu zucken Gürteltiere und allerlei andere wilde Säuger).


Auch wenn es politisch wenig korrekt ist - Ich habe kein Problem mit Walverkostung. Meinetwegen sollten die Menschen durch viele Nahrungsaufnahmen alle Tiere ausrotten. Ich persönlich finde Tiere (außer Schildkröten, die krabbeln flink und sind so knuffig dabei) unter dem Strich so doof, ich unterstütze ihr Aussterben durch den Genuss von allerlei Säugetieren selbst aktiv. Was ich aber eigentlich mit dem Schwank aus Paraguay sagen will: Norweger scheinen zu schweigen. Und wenn sie etwas sagen, ist es so gewichtig und politisch brisant, dass es zu Unruhen unter Austauschschülern führt. Das finde ich zwar auch wieder ziemlich interessant, da provokant und rebellisch, aber: An Kommunikation um der Kommunikation willen scheinen Norweger – schließlich lässt sich von Tomas repräsentativ auf das restliche Volk schließen - wenig Spaß zu haben. Ich unterhalte mich sehr gerne einfach so , schmiede voreilig lauter Pläne, die ich nie umsetzen werde, telefoniere mit meiner Mitbewohnerin Marie länger begeistert über die hervorragende TV-Serie Doctor`s Diary, als diese inklusive Werbeunterbrechungen dauert und denke mir eher Gesellschaftsspiele aus, die gerne schwanken zwischen kreativ und krank, bevor eine Abendgesellschaft in Stille verfällt.
(Beispiel: Filmtitel pantomimisch darstellen, versucht das doch bitte mal mit „Interview mit einem Vampir“, dreht davon einen Film, wir sammeln die dann alle und der beste wird prämiert)




Ich weiß, es scheint, ich würde hier Klischees dreschen und massenhaft mäkeln, deshalb glaubt man mir vielleicht auch nicht, aber: Tatsächlich freue mich auf Norwegen! Die Menschen dort scheinen zu schweigen, bringen dafür aber dauernd Wale um diverse Ecken. Erstes mag ich nicht, zweites gefällt mir. Beides zusammen ist irgendwie ein bisschen – oder sogar ziemlich - daneben, das finde ich spannend.


Werde ich doch auf einen sprechenden Norweger treffen? Werde ich einen Wal schlachten und komplett verspeisen? Spannende Fragen und menschliche Abgründe gilt es zu erforschen! Ich versuche, euch auf dem Laufenden zu halten!


Takk for i dag!

1 Kommentar:

  1. Evchen wirst du denn ein zweiter Max Gold??
    Es macht Spass zu lesen ich warte begierig auf Neues.

    ps. Du musst den Blog für Kommentare offen lassen, damit alle kommentieren können.
    Gruss und Kuss Gisela

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