Dienstag, 24. November 2009

Norwegische Impressionen II: Skandalöses Eis, progressive Brillen und drei optische Geschmacklosigkeiten


Skandalöses Eis mit Diplom: Nach dem Uniabschluss geriet es auf die schiefe Bahn und ist hinter der an sich schon aufreizenden Verpackung fast nackend! Gegen eine Nase Koks zieht es sich dann auch komplett aus.





Norwegisches Krümelmonster: Das scheue Tier mit den putzigen Basedow-Augen ernährt sich ausschließlich von Salzlakritz und skandalösem Eis und ließ sich ein den nördlichen Temperaturen angemessenes blaues Winterfell sprießen.





Krabbenkralle im Gefrierfach von norwegischem Studentenwohnheim: Wo sie herkommt, weiß keiner. Ob und wann sie wieder geht, ist unklar. Deckt sich nachts mit Tiefkühlpizzas zu und ist rein optisch 1A-Material für einen Horrorfilm.




Progressive Brillen: In ihrer Freizeit diskutieren sie in Arbeitsgruppen die Freiheitsrechte des Individuums und die neue Rolle der Linken ohne Oscar, der Fontäne.





Topf mit Piercing: Dieses norwegische Küchengerät beweist selbstbewusst, dass ein unkonventionelles Äußeres auch für Gebrauchsgegenstände kein Tabu mehr ist!





Tasse propagiert gefühlsduselig eine allzu simple Botschaft: Nord-Norge is for lovers! Wo ist denn da bitte die Metaebene? Während norwegische Töpfe den eigenen Metallanteil und ihre Individualität durch Körperschmuck gehörig steigern und progressive Brillen sogar über Fontänen debattieren, verfügt diese Tasse maximal über einen gewissen Retrocharme – denn was Lovers sind und was sie in Nord-Norge vermutlich so treiben, scheint doch recht offenbar.




Romantisches Naturphänomen auf norwegischem Boden: Stein in Herzform evoziert sentimentale Gedanken, aber nur bei manchen. Und wenn man statt „Herz“ einfach „Pumpe“ sagt,
auch bei denen nicht mehr.




ACHTUNG, ACHTUNG!!! Sie überschreiten nun den schmalen Grad zwischen Spaß und Geschmacklosigkeit!

Es folgen Fotos der Damentoiletteneinrichtung in dem schnieken Ausgehetablissement „Bastard Bar“ in Tromsø, wo ich vergangenes Wochenende für 0,4 Liter Juleøl (=Weihnachtsbier; schmeckt wie Guinness) 80 Kronen (=10 Euro, schmeckt mir gar nicht) bezahlen sollte. Ich dürfte dort aber auch den Rock`n Roll-Klängen einer hochgradig empfehlenswerten Garage-Band mit dem noch viel hochgradiger fidelen Namen
"The Woggles" lauschen.



Seifenspender:



Toilettenpapierspender:




Handtrockner:

Dienstag, 27. Oktober 2009

Norwegische Karohemden, antirealistische Schutzwälle und Styler-Ötzis

Evi legt schon viel Wert auf Style und abseitige Optik: So flirtet sie beispielsweise regelmäßig mit dem Gedanken, aus reinen Stilgründen mit dem Pfeiferauchen zu beginnen. Die Stilgründe, die sie da konkret bewegen, kann Evi selbst jedoch auch bei mehrmaligen Nachfragen nicht benennen - Ich selbst kenne unsere sympathische Heldin aber schon recht lange und vermute, dass der Pfeifenwunsch ursprünglich in der ausufernden Rezeption von Fotos zigarreschmauchender kubanischer Omas wurzelt, die einem ja in jedem deutschen Fair Trade – Shøp hinterher geworfen werden. Unter arbeitenden Zugehörigen westeuropäischer Industrienation genießen solche Bilder rauchender Fossilien einen exorbitanten (huch, ein Wort, das ich noch nie vorher benutzt habe. Ich spreche es gerade zum ersten Mal aus und muss sagen: Die Buchstabenkombination schmeckt zwar irgendwie interessant, mir aber trotzdem nicht. Etwas ganz Ähnliches geschah mir übrigens letzte Woche: Ich versuchte mich an einem Löffelchen Lebertran, um meine Abwehrkräfte gegen den nordnorwegischen Winter zu feien. Es war, als tränke man eine Ölsardelle – interessant, aber nicht attraktiv, urteilte meine Zunge) Absatz, weil sie bei Industriesklaven irgendwie eine romantische Sehnsucht nach weiser Lebensgelassenheit wecken.
Und deshalb setzt sich so ein total endproduktentfremdeter Zugehöriger einer Industrienation nach seinem 20-Stunden-Arbeitstag in der Manufaktur mit verklärtem Blick gerne auf ein Sitzmöbel und unter seine faltige, aber dafür rauchende Kubanerin und hofft so inständig, dass es ihn fast schon wieder stresst, dass deren Gelassenheit ein kleine Winzigkeit auf ihn abfärbt.



Eigenwillig von Evi interpretiert entgleiste die Romantisierung der mittelamerikanischen Faltis (=Falten + Omis. Es ist übrigens äußerst sinnig, eine Großmutter als Falti anzusprechen, da sich die Anrede ausgesprochen nicht nur so knuffelig anhört, dass man die Großmutter sofort herzlich in die Wange kneifen und mit zahlreichen Rentnerleckerlis wie Mon Cherí füttern möchte, sondern auch eine sinnvolle Informationserweiterung nicht von der Hand zu weisen ist: Man bringt mit „Falti“ ja nicht nur ein Verwandtschaftsverhältnis zu einer alten Frau auf den Punkt, sondern auch noch den Hautzustand eben dieser. Eine rundum gelungene Sache, meine ich.) gedanklich und mündete im erwähnten Pfeifenwunsch. Wobei: Eigentlich ist Evi momentan zwar Westeuropäerin, schiebt aber momentan eher eine ruhige Kugel, sprich: nicht mal ansatzweise gehört unsere sympathische Heldin zu irgendeiner arbeitenden Industrienation. Vielleicht mag sie also auch einfach nur den Geruch von Pfeifentabak oder so.

Wer Stil mag, der konsumiert ja auch gerne: So kauft Evi haufenweise Klamotten und verwechselt dabei – das gibt sie freimütig zu – auch schon mal Masse mit Klasse.
Einzeln betrachtet balancieren Evis Klamotten dann auch gerne mal nicht ganz so sicher auf dem schmalen Grat zwischen Geschmacklosigkeit und eleganter Exzentrik. ABER wenn Evi sie nur richtig miteinander kombiniert, sieht sie mit einer Leopardenstrumpfhose auch echt aus wie ein Leopard, mit einer Fellweste wie ein Fell und mit einem gestreiften Tshirt wunderlicherweise (bei näherer Betrachtung eigentlich nicht wunderlich, sondern einfach nur rassistisch) irgendwie immer ein bisschen wie ein Franzose. Ich finde übrigens auch ganz allgemein, dass man mit einer Pfeife im Mäulchen immer ein kleines bisschen aussieht wie eine kubanische Falti. Keine Ahnung, warum.


So sieht Evi aus, wenn sie Socken aus Schildkrötenleder mit einem - zur Zeit ja allseits beliebten- Nasenkettenpiercing kombiniert.



Weil Klamotten in Norwegen billiger über die Ladentheke gehen als manch ein Lebensmittel, sind die Menschen in Tromsø im Schnitt nicht nur ziemlich schlank sondern simultan auch ziemlich schick, ungefähr so, als hätte sie gerade ein Kleiderständer aus der hippen Divided- Abteilung von H&M erbrochen. Traurig ist dabei vielleicht ein bisschen, dass die Skandinavier vor lauter saucooler Rumstylerei die schnieke Wäsche nicht nur tragen, sondern aus dieser auch immer ein bisschen düster in der Gegend herumgucken. Unter den stylo Oversized-Mützen der düster blickenden Norweger vermutet man massig hippness-bedingtes Gedankengut – denn wer sich gut anzieht, denkt ja in der Regel auch gut (Jetzt gerade guckt Evi ein bisschen bedröppelt auf ihren leicht verunglückten Leopardentop-Streifenhosen-Kleiderkombi. Ich habe sie doch nicht beleidigt?).

Kreatives Gedankengut liegt auf jeden Fall in so manchem Norwegerköpfchen, und dort auch nicht brach und unentdeckt, sondern wird meist erfolgreich abgeschöpft: Norwegen spuckt jedes Jahr so viele talentierte Kreativlinge aus, wie Deutschland durch Studiengänge wie Wirtschaftsingenieurwesen und Mechatronik stündlich vernichtet!
So war ich letztes Wochenende auf einem Musikfestival in Tromsø und sah lauter talentierte (aber weitgehend unbekannte) Norweger feinste elektronische Musik produzieren. Ich empfehle hier einfach mal einen und zwar Captain Credible, der ziemlich unzugänglich und unabsehbar über Zombie Aliens musiziert und den man sich aufgrund hochamüsanter Moderation gerne mal live ansehen sollte!

Doch zurück zum norwegischen Rumgestyle: Das die H &M ´sche Individualität bei genauerer Betrachtung eher alle tumb gleich und nicht aufregend individuell macht, weiß man ja: Auch Evi shøpperte vergangene Woche in kariertes Hemdchen im angesagten (War das Wort „angesagt“ je selbst angesagt? Wenn ja, benutze ich es im Retrostyle. Wenn nicht, wird’s gerade angesagt, weil ich als autoritäre Autorin dies befehle) Post-Grunge-Look und durfte dies wenige Momente später in einem Etablissement mit Sitzgelegenheiten an zwei weiteren Damen bewundern. Und einen besseren Spiegel der eigenen modischen Anti-Individualität gibt’s ja nicht! Vor allem bei Frauen steigt der Grimmpegel, sehen sie einen Modezwilling. Und weil Evi sich in den meisten Fällen zu diesen zählt, wurde sie ganz trist und fühlte sich erst äußerlich, aber weil da ja die Grenzen fließen, dann auch innerlich zutiefst unkreativ.

Um der Pseudoindividualität von H&M zu entgehen, kann man in Tromsø zurückgreifen auf zwei Secondhandläden, die von gutmenschelnden älteren Schachteln/Fregatten/Schabracken geführt werden (oha, gleich drei schöne Wörter verpulvert – aber man muss ja auch manchmal über die Stränge schlagen!).
Dort shøpperte Evi neben einer höchstindividuellen anti-H&M Jacke aus den 60er Jahren auch eine in ihrer Potthässlichkeit durchaus einzigartige Lampe ohne Schirm, die ihrem Zimmer zusammen mit einer Deko aus Bierbüchsen und einem einigermaßen frei improvisierten Nachttischpappkarton einen kleinen, aber feinen Obdachlosenheimtouch gibt. Hat was, aber (Evi blickt sich gerade in ihrem Zimmer um) irgendwie doch nicht so richtig viel.

Pennerschick hin oder her - Für Überlebenswillige im hohen Norden ist es jahresmäßig an der Zeit, Leopardenchic und Franzosen-Look mal in eine hintere Gehirnecke zu schieben. Man sollte den kleinen Styler in einem (so ein kleiner Styler ist in jedem von uns drin. Je nach Erziehungsmethode entwickelt er sich aber unterschiedlich) ganz vernünftig zur Seite zu nehmen und ihm verklickern, dass man sich jetzt besser mal warm anziehen sollte.
Das Wetter hier ziemlich nass und kalt, die Temperaturen unter Null - das Klima guckt also ungefähr so düster wie die Norweger (ist dabei aber nicht so gut angezogen). Man sollte also daran denken, funktionale Dinge einzushøppern. Nun wurde in vorangegangenen Gedankengängen deutlich, dass Evi mit Fellwesten und 60er Jahre-Jäckchen ihren kleinen Styler erziehungsmäßig ziemlich antiautoritär behandelt: Für unsere sympathische Heldin steigt die Freude an einem Stück Kleidung proportional zu dessen Nutzlosigkeit. Funktionskleidung findet Evi deshalb 26Z! (Und wer das jetzt verstanden hat, den finde ich 1A!)




„Funktionskleidung“ lässt nicht nur Evi, sondern auch mich denken und zwar an lauter horrible Dinger wie wasserabweisende Gummihosen, wollene Kratzleibchen und viel zu grelle Windjacken, aus deren vielen Taschen lauter garantiert unmodische Accessoires wie multifunktionale, schweizerische Taschenmesser herausluken (die unmodischen Taschenmesseraccessoires mögen zwar ein Überleben in der wilden Natur sichern, Evi kann sie aber eh nicht bedienen: Es macht zack! Und schon hat sich eine verblüffte Evi mit einem gut versteckten, aber unerwartet hervorschnellendem Korkenzieher sauber die Handfläche durchbohrt!)

Das Problem ist doch, dass Funktionskleidung vor lauter Zweckmäßigkeit jede zart keimende optische Attraktivität im Keim erstickt.
So legte sich Evi angesichts des grauen Tromsø-Wetters aus Vernunftgründen (von denen lässt sie sich sonst nie leiten. Vermutlich war sie geistig kurzfristig umnachtet) vergangene Woche eine matschgrüne, wasserabweisende Gummihose an. Damit sah sie dann nicht mehr aus wie ein geschmeidiger, eleganter Leopard, sondern verfügte von jetzt auf gleich über den rustikalen Charme einer Regentonne!
(Das ist so eine ganz komische Floskel. Eigentlich ist rustikales Auftreten doch das massivste Gegenteil von Charme. Menschen, überlegt doch bitte mal: Wenn einem so als Regentonne ein paar Schneckenleichen neckisch übern Rand hängen, sprüht man vielleicht rustikal mit Siff und Bakterien, aber doch nicht mit Charme! Beim Gedanken an so eine Regentonne kann sich Evi echt richtig aufregen: Der, der Regentonnen charmant findet kriegt ganz schnell ihre Faust zu spüren. Und weil diese ja seit einiger Zeit gespickt ist mit diversen Taschenmesser-Werkzeugen, tut das dann auch richtig weh.)





Es ist doch so: Mit Funktionskleidung feit man sich rational gegen die Launen der Natur. Mit Gummihosen, Wolleibchen und Taschenmessern adaptiert man sich an sein Umfeld und kapituliert somit indirekt vor der Realität. Und wenn man nicht irgendwann als deutscher Mechatronik-Student enden will, sondern sich seine wie auch immer geartete Lebensqualität erhalten will, sollte man zu dieser Realität stets soviel Sicherheitsabstand halten, dass man ihren Schatten höchstens noch am Horizont erahnen kann!

Im Klartext bedeutet die Verweigerung jeglicher Kleidung mit Zweck: Evi flaniert fröhlich und bekleidet mit smarten, aber auch ziemlich wasserfreundlichen Kunstlederschühchen, einem zarten Karohemd und einem hauchdünnen 60er Jahre- Jäckchen aus dem Secondhandladen durch das bitterkalte Tromsø. Weil sie zu Gunsten einer neuen Halskette auf einen Winterschal verzichtet, besitzt sie alsbald eine optisch attraktive, aber auch ein bisschen kalte Halskrause aus Schnee.
Dann liegt Evi bald mit Grippe und seltsamen Fieberträumen im Bett. Letztere machen sie aber nur fröhlicher, weil wirre Gedankenwelten den Sicherheitsabstand zur Realität genialerweise noch vergrößern! Manch ein Vernünftiger würde sagen, Evis Verhalten ist ein wenig ungesund. Den kann Evi aber hinter ihrem antirealistischen Schutzwall aus Modeschmuckklimbim und wasserfreundlichen Kunstlederschuhen nicht sehen und nicht hören. Seine Rufe verhallen in weiter Realitätsferne.

Es steht also fest: Evi wird in Norwegen alsbald in Kunstleder, Schmuck und Karohemd erfrieren! Von Schnee bedeckt (wie hatten Massen vorletzte Woche, aber er verließ uns wieder und sagte seinem gräulichen Kumpanen Regen, er solle doch vorbeikommen. Der kam auch gerne und dem gefällt´s hier in Tromsø so gut, der will gar nicht mehr gehen. Triste Sache, das.) werden Höhlenforscher Evi in hunderttausendmillionen Jahren als Styler-Ötzi finden! Denn Evi ist nur nicht gut konserviert, sondern auch gut angezogen! Und ist ihr Hals auch blau geeist, so wird er behängt mit vielen Tonnen Modeschmuck doch zu einer Augenweide! Und sind ihr Hände dann auch von Korkenziehern und Flaschenöffnern und Minisägen durchbohrt, so sehen sie dank Leopardenleggins doch aus wie die eleganten Tatzen einer Raubkatze ! Und sind Evis Haare auch steif gefroren, so sind sie doch äußerlich gut geordnet!

Nein, das stimmt leider nicht, da wurde meiner oder halt Evis, ist ja eigentlich schnuppe, antirealistischer Schutzwall ein bisschen zu hoch. Denn Dienstleistungen sind in Norwegen teuer. Klipp und klar: Für einen Damenhaarschnitt muss man ab 80 Euro aufwärts löhnen. Aber so eine Friseurweigerung hat ja auch Gutes. Meine Haare sind bald so lang, dass ich sie bei Minusgraden um mich wickeln kann und ein bisschen länger am Leben verweile, um noch schnell bei H&M und den Schabracken vom Secondhandladen meinen kleinen Styler antiautoritär von der Leine zu lassen.
Obwohl – eigentlich brauche ich das dann ja gar nicht mehr! Denn: Das mit den Haaren um den Leib wäre doch wahrscheinlich das einzige modische Statement, bei dem mir in punkto Individualität nur der Einsiedler aus Monty Pythons „Das Leben des Brian“, aber keiner der unzähligen norwegischen Styler mit ihren Karohemden das Wasser reichen könnte – HA!


Kartontisch, Pfandgut oder Eliminierung von Lampenschirmen- Mit welchen Accessoires peppt Ihr eure Bleibe in Richtung Pennerflair auf? Stromzäune, Schutzmauern aus Modeschmuck oder Fieberträume – Wie hält man denn so eine Realität am besten auf Abstand? Antiautorität, Peitsche oder Supernanny – Wie erzieht Ihr den kleinen Styler in euch?
Ich bitte um Antworten!

Ich sehe gerade, ich habe mich heute massivst in Abschweifungen verloren – aber besser sich selbst verlieren als wirklich relevante Dinge wie Menschenwürde oder Schlüsselbund.

Mittwoch, 23. September 2009

Amoklauf bei Amazon und ein brechendes Mammut

Um mich an meine politischen Aktivitäten zu erinnern, muss ich ziemlich viel grübeln. Und werde ich nach tagelangem Graben in abgelegenen Hirnwindungen fündig, stoße ich auf eine Erinnerung, die so panne ist, dass ich mich genau in diesem Moment ganzkörperig vermumme, um nicht erkannt zu werden:




Meine Vermummung, meine politische Botschaft. Diese ist so entpolitisiert, dass sie sich nicht über den Inhalt der Wörter, sondern über deren Farbe erschließt.


In der 10. Klasse trug sich in meiner Schule eine massive Ungerechtigkeit zu: Ein zwanghafter Erdkundelehrer kettete diskriminativ die Fahrräder aller Schüler zusammen, die diese an der falschen Stelle abstellten. Reuig mussten die Unterdrückten dann zu diesem sadistischen Lehrkörper anschleichen und auf Knien Besserung schwören. Eine politische Genossin und mich erzürnte das zutiefst! Tote Robbenbabys und Nazidemos? Uns völlig egal! Aber das mit Fahrrädern, das nervte und ließ unser politisches Bewusstsein zart knospen. In vielen konspirativen Treffen heckten wir einen genial-perfiden Plan aus: Wir wollten heimlich Flugblätter verteilen, um auf die Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen! Nach Schulschluss ließen wir beschämt ein paar Zettel auf den Schultoiletten fallen, die den Missstand satirisch behandelten. Voller Spannung erwarteten wir den nächsten Tag – um dann beim morgendlichen Toilettengang festzustellen, dass die Putzkraft mit dem repressiven Schulregime kollaborierte und alle politischen Botschaften entfernt hatte!


Der politischen Genossin und mir war dieses Scheitern so unangenehm, dass wir ruckzuck wieder aus dem Untergrund auftauchten und uns auf der Stelle und total entpolitisierten. (Wir waren aber auch höchstens mit so Plastikschnorcheln, nicht mit richtigen Luftflaschen abgetaucht, führten auch während der Flyeraction ein bürgerliches Leben, waren unbewaffnet und sahen auch so aus - unterm Strich neigte sich unsere politische Harmlosigkeit gefährlich Richtung Langeweile)

Noch heute nagt dieses schamvolle Kapitel meiner kurzen, aber gut durchwachsenen Biographie beharrlich an meiner Psyche. Und zwar so beharrlich, dass ich mich auch heute maximal zu einem lahmen Protest gegen die Überwachung des Kapitals aufraffen kann. So lege ich bei Amazon amokmäßig ganz gerne CDs von Schlagerbarde Patrick Lindner in meinen Warenkorb. Weil ich ansonsten eine dem geisteswissenschaftlichen Studentenmilieu angemessene musikalische Vorliebe für schmissige Indie-kracher pflege, wird Amazon ganz konfus und empfiehlt mir nicht dieses eine Interpol-Album, das ich entweder eh schon habe oder mir immer mal kaufen wollte, sondern Patricks Perlen „Träum` dich ins Paradies“ und „Fang` dir die Sonne“ (nein, dies muss ich gar nicht. Die Sonne scheint schon in mir drin, s. unten). Diese deutschen Schlagerplatten kaufe ich dann aber nicht (oder vielleicht doch? In mir schlummern nicht nur irre Ideen für bekloppte Flyeractions, sondern noch viel tiefere Abgründe. Vielleicht seht Ihr mich ja mal beim Fest der Volksmusik vermummt durchs Bild schunkeln). Als Sahnebonbon verwirre ich durch solch launige Kamikazeaktionen nicht nur Amazon, sondern verdränge auch ein bisschen meine charakterliche Vorhersehbarkeit.

(Habe Absatz gerade noch mal überlesen. Fühle mich armselig. Lege zweite Vermummungsschicht an. Das tut gut. )


Unabhängig von meiner persönlichen politischen Karriere, die – wie ich vermummt aber selbstreflektiert erkennen muss - steil aber sicher nach unten führt: In Deutschland wählt man ja wohl in naher Zukunft. In Norwegen wurde – oh schicksalhafte Fügung - letzte Woche der Ministerpräsident gewählt und die staatlichen Alkoholgeschäfte hatten alle geschlossen, damit auch ja kein angesoffener Norweger beim Kreuzchenmachen in der Zeile verrutschte und so seine rationale Entscheidung gefährdete. Um es ganz kurz zu machen: Der Wahlkampf drehte sich für deutsche Ohren um Pipapo (dieses Wort ist so hübsch wie ein Mammut, aber genauso wie dieses heutzutage so gut wie ausgestorben! Bitte benutzt es einmal am Tag in einem zwischenmenschlichem Gespräch – im Dialog mit euch selbst gilt leider nicht, denn dann wird es nicht in die Welt hinausgetragen und dies bezwecke ich mit diesem Appell!): Konkret ging es nämlich um die dekadente Frage, was der Staat nur mit den vielen Öl- und Gasmilliarden machen sollte. Die Wahl gewann der attraktive Jens Stoltenberg von der Arbeiterpartiet.


Jens, wie er lebt und leibt.


Kurz vor der norwegischen Wahl sprach ich mit einer mir bekannten Norwegerin und diese sprach auch, nämlich folgendes: „Ich vertraue Jens Stoltenberg.“ Ich glaube, dass neben Jens` Potenzial als Model für die Herrenlinie von H&M zahlreiche Ölmilliarden helfen, ein solch bejahendes politisches Vertrauen zu formen. In der Bundesrepublik sieht kein Politiker aus wie frisch vom Laufsteg gefallen und Ölmilliarden wachsen auch nicht gerade auf deutschen Eichen. Vielleicht presst man als Deutscher ja deshalb pessimistisch schon vor einer Wahl ganz mäkelig möglichst viele Konsonanten aneinander und sagt: „Njmgzftftf!“ Und dann sagt man vielleicht noch: „EIGENTLICH, GANZ EIGENTLICH mag ich ja keinen von den beiden. Aber die, die eine Frisur hat oder der mit der Brille und den Augen, die hinter Bergen von Bürokratie immer sagen, ich will eigentlich gar nicht, der oder die ist eben das KLEINERE DER BEIDEN ÜBEL.“

Allerlei solche grundpessimistischen Gedanken könnt Ihr gerne haben, an mir aber perlen sie momentan einfach mal glatt ab, denn das Phänomen ist doch folgendes: Ist man erstmal aus Deutschland raus, interessieren einen die Gegebenheiten dort gar nicht mehr. Kaum hat man die Grenze passiert, vergisst man auch schon, wie die mit der Frisur überhaupt heißt. Konkret illustriert am Fallbeispiel: Statt auf spiegel online guckt Evi heute aus einem norwegischen Fenster und sieht dort keine bürokratischen Augen, sondern wilde Berge. Sie erklimmt keine neuen Höhen politischen Allgemeinwissens, sondern einen von denen und atmet ganz tief ein. Ob die Sonne auf die Bundesrepublik scheint, ist Evi egal, denn die Sonne scheint auf Evi, während diese in einen eiskalten Gebirgssee springt und selig auf einem skandinavischen Knäckebrot herumknuspert. (Die Sonne scheint hier, ganz ehrlich gesagt, in den letzten Wochen gar nicht. Aber die Metapher ist schön und Evi trotzt ja auch wacker jedem Regenwetter mit einer kleinen inneren Sonne in ihrem Herzen.).

In Deutschland könnte ein sadistischer Lehrkörper in einer bundesweiten Aktion alle deutschen Fahrräder aneinanderketten oder Amazon alle Patrick-Lindner-Perlen radikal reduzieren – mich würde das nicht kratzen. Und würde in Deutschland eine Eiszeit ausbrechen (und damit brächen dann auch Pipapo und die Mammuts wieder aus! Ich würde mir dann bei meiner Rückkehr eines zähmen und besitzen! Also ein Pipapo, Mammuts stinken nämlich) - ich stände neben einem norwegischen Rentier und ließe mir quickfidel die innere Sonne auf den Bauch scheinen. Und diese Sonne wäre dann so hell, dass sich durch meine zahlreichen Vermummungsschichten ein wunderschöner Sonnenstrahl wie ein Lichtblick an einem düsteren Horizont ergießen würde (Und dieser schmonzettige Satz ist ein glasklarer Hinweis. Worauf? Vielleicht darauf, dass mir Amazon die Patrick-Lindner- CDs ein bisschen zu schmackhaft gemacht hat!?)




Ganz vielleicht habe ich ja sogar aus Versehen an einer bundesrepublikanischen Briefwahl teilgenommen und mich zwischen Frisur und Brille entschieden. Kann aber sein, dass ich eine erfolgreiche Bergbesteigung mit soviel Sprit aus dem staatlichen Alkoholgeschäft feiern musste, dass mein Kreuzchen dabei ein bisschen verrutschte.


Wie protestiert Ihr gegen Amazon? Wenn ALLE Norweger betrunken beim Kreuzchenmachen verrutschen würden – wäre die Wahl dann nicht auch irgendwie repräsentativ? Sind mit der Eiszeit in Deutschland jetzt eigentlich die Mammuts wieder ausgebrochen (also aus den Käfigen)?


Und nicht vergessen: Wenn die Tristesse wieder mal nicht nur zurückhaltend aus weiter Entfernung winkt, sondern Körperkontakt sucht und per Handschlag freundlich grüßt: Einfach mal mit Karacho durch eine Regenpfütze fahren. Und schon scheint einem die innere Sonne wieder volle Kanne auf den Bauch.

Sonntag, 6. September 2009

Rock`n Roll für die Zunge und ein Snoop Dogg Millionaire

Manche Sachen funktionieren im Kopf nicht miteinander. Zum Beispiel kann ich mir nicht vorstellen, dass sich Lakritz (Rock`n Roll für die Zunge!) und Schokolade (pelziger Romantikschlager für den Gaumen!) kulinarisch verstehen. Wirft so ein Süßwarenproduzent beides zusammen, kommt nichts Gutes heraus.



...und dann auch noch Zuaten aus ökologischem Anbau! Stil geht anders.



Weil in Norwegen selbst Naturgesetze wie Schwerkraft oder Lichtgeschwindigkeit außer Kraft gesetzt sind (nein, sind sie nicht – aber wie interessant wäre das!), verwundert es auch nicht weiter, dass sich in Tromsö dauernd Eriegnisse zutragen, die mit der Wirklichkeit noch weniger vereinbar sind als jede Lakritz-Schokoladen-Fusion.


Am vergangenen Wochenende fand hier nämlich das Dögnvill-Musikfestival statt. Dieses machte sich lineupmäßig ziemlich frei von lästigen Genregrenzen (und auch manch betrunkener Besucher machte sich frei; habe noch nie so viele behaarte Rücken gesehen). Das Ticket für das Festival hätte ziemlich genau 100.000 Euro gekostet, aber weil Evi sich bei der hiesigen Studentenzeitung auf mangelhaftem Englisch engagiert, bekam sie nicht nur einen tollen Presseausweis , sondern mit dem auch umsonst rein.

Von Jung bis Alt war alles am Start, von Opa und Oma bis zu frisch geschlüpften Babys (die waren am betrunkensten und hatten ergo auch die behaartesten Rücken!). Und um allen Generationen musikalisch entgegenzukommen, waren die Festivalhighlights ohne Rücksicht auf gegenseitige Genreverletzungen ziemlich querbeetig ausgesucht worden. U.a. traf man an:


-Alexander Rybak: Beängstigender Schwiegermuttertraum, der in diesem Jahr für Norwegen den Eurovision-Songcontest gewonnen hat. Sieht aus wie aus einem Streichelzoo ausgebrochen. Geigte rotwangig durch die Gegend und machte Kapriolen wie eine Bergziege auf Speed. Wird von vielen Norwegern leidenschaftlich gehasst.



...können diese Augenbrauen lügen und was will der Backroundtänzer nur von Alexander?



-Mortrox/ Betablock: Gegenstück zu Alexander Rybak. Lokale Deathmetalband, Durchschnittsalter der Mitglieder: 15. Evi ging das Herz auf und über, als die knuffigen Wikinger headbangten! Sie war sehr angetan und würde eher dem wilden babyspeckigen Bassisten durchs lange Haar streichen als dem Streichelzooausbrecher Alexander Rybak.


Und dann kam am Abend natürlich noch der Headliner. Und der war das Beispiel für das Außerkraftsetzen der bereits erwähnten Kopflogik, weil nämlich Snoop Dogg in Tromsö auftrat! Für die älteren Leser: Das ist ungefähr so, also ob die Rolling Stones in einem deutschen 50 000 –Einwohner Kaff spielen würden. Und dieses Kaff hat dann einen Namen, der eindeutig impliziert, dass man hier (und jetzt Achtung: Es kommt ein Lieblingsausdruck) nicht tot überm Zaun hängen will. Also solche Städte wie Northeim, Kreiensen, Gustavsburg etc.


Die Absurdität gipfelte in dem Moment, als der selbsternannte Doggfather die Bühne betrat. Megagangster Snoop Dogg (mit Kifferaugen, so rot wie wilde Ameisen) kam also auf die Bühne geschlunzt mit so einem Bling-Bling Mikrofon, auf dem sein Name in riesigen Diamantenklunkern drauf stand. Und dann ging’s ziemlich ab und auch um was: Nämlich um bitches, die police und weed. Alle diese Themen wurden – möchte ich mit ganz viel Vorsicht sagen – von Snoop Dogg nicht so richtig aus einer reflektierten sozialkritischen Perspektive behandelt: Die police war motherfucking, weed war smooth, bitches waren beautiful.

Naturgemäß sollte das politisch hochkorrekte Norwegen deshalb mit dem fleischgewordenen Gangstaklischee ordentlich fremdeln. Wie ich in einer langweiligen Kultureinführung für Austauschstudenten gelernt habe, wohnt hier auch König Harald gerne mal in einer Hütte ohne fließend Wasser. Der arme Harald hat auch kein diamantenes Mikrofon oder ein ähnliches Zepter mit seinem Namen drauf. Der kauft sich vielleicht alle zehn Jahre mal ein neues Leinenhemd und wird dafür dann wochenlang von der norwegischen Boulevardpresse wegen seines ausschweifenden Lebensstils niedergemacht.


...was unterscheidet Harald nur von einem Snoop Dogg Millionaire?



Auch ist „motherfucking“ nicht unbedingt das erste Wort, das ich mit der norwegischen Polizei assoziieren würde: Bei einer außer Kontrolle geratener Austauschstudentenfeier mahnte ein Polizist zurückhaltend und verschwand wieder als wäre nix gewesen. Weedkonsum ist in Norwegen auch nicht so smooth oder anderweitig angesagt:„Drogen gehen gar nicht“ hätten die norwegischen Festivalbesucher vermutlich aus vollem Hals geschrien, wäre dieser nicht gerade von zwanzig Litern Wodka okkupiert gewesen.

Weil aber Snoop Dogg schon mal da war und alle Norweger ziemlich höflich betrunken waren – und vielleicht auch ein bisschen weil Snoop Doggs Mikrofon aller gleichmacherischer Bescheidenheit zum Trotz so schön blinkerte – machten die Norweger den Rapperzirkus doch ein bisschen mit und riefen leise „bitches“, manchmal auch verhalten „police“ . Nur das „motherfucking“ wurde eher so genuschelt verschluckt.

Und Snoop Dogg rappte über sein hartes Gangstaleben an der West Coast, während sich über der Masse schunkelnder Norweger (richtig tanzen können Norweger nicht, das ist so ein Nordeuropäer-Phänomen) ein wunderschön friedlicher Sternenhimmel auftat und man sich zwischen den schneebedeckten Bergspitzen wie auf einer Panoramapostkarte (die man nur für Oma kaufen würde, weil ziemlich kitschig) fühlte. Und während ein paar betrunkene Drittklässler fröhlich unter die Füße der schunkelnden Stampede kugelten, stand Evi stocknüchtern inmitten des angenehm absurden Spektakels und lächelte zufrieden in sich hinein.


Ich möchte zum Schluss noch etwas empfehlen und zwar die norwegische Band „Katzenjammer“, die beim Dögnvill Festival auftrat. Ich empfehle explizit die Lieder „Demon Kitty Rag“ und „A Bar in Amsterdam“. Wer keinen abgefahrenen Gipsy-Folk-Pop-Indie-Blues-Clash und keine selbstbewusste Frauen mag, der darf sich das aber nicht anhören. Wer keinen abgefahreren Gipsy-Folk-Pop-Indie-Blues-Clash und keine selbstbewusste Frauen mag, der soll aufhören, meinen Blog zu lesen und sich schleichen!


Seid ihr auch manchmal nicht mit der Wirklichkeit vereinbar - wenn ja, wann? Welche Süßigkeit ist für euch ein kulinarischer KIK-Markt? Sollte man abwegige Gedanken pflegen oder zähmen?

Mittwoch, 2. September 2009

Norwegische Impressionen

Toilette für einbeinige Frauen:


Yeti:



Rassistische Kaffeefilter:



Dienstag, 25. August 2009

Legasthenische Akzente und norwegisches Teleshopping


Als Hochdeutscher legt man in skandinavischen Ländern in der Regel eine gewisse linguistische Überheblichkeit an den Tag und giggelt dreist: „Dänisch? Haha, das hört sich ja arg urig an und Schwedisch ist ja so was von drollig, und Norwegisch erst – das ist ja wie Deutsch mit legasthenischem Akzent!“

Dänisch und Schwedisch kann ich gar nicht, Ich gebe aber zu: Norwegisch sieht auf den ersten (aber trügerischen, wie sich im Laufe der vorliegenden Betrachtung noch zeigen wird!) Blick schon so aus, als hätte man einen deutschen Erstklässler mit Lamyfüller bewaffnet von der Leine gelassen: Kvalitet ist Qualität, Witz heißt vits, chor heißt kor und Beton betong.

Aus einem unterhaltsamen Teleshopping- Prospekt zitiere ich einige Angebote, um beispielhaft den komischen Charakter der norwegischen Sprache noch einleuchtender zu illustrieren:




Ein Neseharklipper klippt das nesehar!


Ein Snorkestopp stoppt das Rumgesnorke!

Nun trug sich vor einigen Tagen jedoch ein Ereignis zu, dass den angesichts solcher fidelen Buchstabenarrangements arrogant kichernden Hochdeutschen eines besseren Belehren sollte:
Ein kleines Mädchen namens Evi zwickte im nordnorwegischen Tromsö so arg der Magen, dass sie ihre müden Glieder aktivierte und sich zwecks Nahrungsbeschaffung auf die Suche machte nach einer Lebensmittelkette.
Unsere sympathische Heldin fühlte sich nach einem Jahr Uni-Sprachkurs linguistisch gewappnet und flötete wohl artikuliert einen norwegischen Jogger an: "Unnskyld, jeg leter etter supermarket! Kan du hjelper meg?“ Hjelpen konnte der Jogger theoretisch schon, praktisch brach die Kommunikation aber an dieser Stelle ab, denn der Jogger sagte unterlegt von wilden, aber missverständlichen Gesten für Evis Ohren ungefähr Folgendes: "Äu öu hü jo leg eta huk supermarket!" Oder so ähnlich. Dann verschwand er in einem wilden Wald, um Wale zu schlachten oder was weiß ich.

Da dies eine Fabel mit Realitätsbezug war, gibt es auch eine Moral der Geschichte und die ist dreiteilig:
1- Allein in Norwegen gibt es mehr Dialekte als Einwohner!
2- Treibt die norwegische Sprache den Hochdeutschen theoretisch in Lachanfälle, zwingt sie ihn praktisch in die Verzweiflung!
3- Ahnungslos arrogant ist derjenige Hochdeutsche, der überhebliche Gedanken produziert und sich angesichts von skandinavischen Sprachen (außer Finnisch, das ist eine ganz andere fremdartige Geschichte, auf die ich näher eingehen könnte, aber nicht will) prustend auf dem Boden kringelt!


Auch Evi, die attraktive Heldin der Fabel, suchte innerlich trist weiter nach einer Lebensmittelkette (Unter uns: Ich finde, dass dieses Wort allein allen Dänen und Schweden und Norwegern und meinetwegen auch Finnen die Berechtigung gibt, sich bei jedem deutschen Satz wegzuschmeißen, als ginge morgen die Welt unter).
Und dann regnete es langsam aber sicher aus dem grauen Himmel heraus und Evis Schuhe wurden ganz nass und sie fühlte sich ganz allein in diesem Land, in dem es mehr Dialekte als Einwohner gibt. Nein, Pustekuchen! Weil Evi eine sympathische Heldin und deshalb eher eine Frohnatur war, rappelte sie sich flott wieder auf und sprang orientierungslos aber quickfidel einfach solange durch Tromsö, bis sie einen Supermarkt fand.
Erst als sie an der Kasse im Supermarkt für 200 Gramm Billigparmesan (dringender Sägespäneverdacht!) 7 Euro bezahlen sollte, wurde sie wieder trist und weinte einige Tränen auf günstigen Butterkäse, auf dass dieser so salzig wie Parmesan schmecke.


Das war ein schöner Endsatz, aber weil schön langweilig ist, gibt es noch einen Servicetipp für den geneigten Leser, damit dieser nicht ungeneigt wird, kurzen Prozess macht und eiskalt abwandert:



SERVICETEIL AM ENDE

Ich möchte an dieser Stelle noch den bereits zitierten zwielichtig ominösen und deshalb interessanten Teleshopping-Prospekt empfehlen, der nicht nur snörkestop und neseharklipper, sondern auch allerlei andere garantiert nutzlose Dinge wie antigra harlotion gegen graues Haar und einen vibrierenden saunamassasjebelte, den man sich zwecks Fettverbrennung umschnallen kann, feilbietet.
Wer sich mal mit einem gräulichen Präsent an einem arroganten Hochdeutschen oder einem anderen Feind rächen will, dem sei die Internetpräsenz des Teleshopping-Prospekts ans Herz gelegt: www.nyttig.no. Dass „nyttig“ in deutscher Sprache nützlich bedeutet, ist das Maximum an unfreiwilliger Ironie. Und unfreiwillige Ironie ist die amüsanteste unter allen Ironien.

Takk for i dag!

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